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Chemische Verfahrenstechnik

Chemische Verfahrenstechnik

Im Rahmen des Begleitforschungsprojekts findet die Abgrenzung der einzelnen Branchen anhand der Klassifikation der Wirtschaftszweige des verarbeitenden Gewerbes nach dem statistischen Bundesamt statt.1Statistisches Bundesamt 2008.

Für die Branchen-Forschungsfelder werden dabei die folgenden Klassen subsumiert:
Chemische Verfahrenstechnik

  • 20 Herstellung von chemischen Erzeugnissen
  • 21 Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen

Von der chemischen und pharmazeutischen Industrie werden wichtige Produkte für die Industrie, Landwirtschaft, Handel und zu kleinem Umfang auch für Endverbrauer bereitgestellt 2Verband der chemischen Industrie 2017.:

  • Grundchemikalien
  • Düngemittel
  • Kunststoffe, Chemiefasern, Kautschuke
  • Schädlingsbekämpfungsmittel
  • Anstriche, Farben, Pigmente, Druckfarben
  • Wasch- und Körperpflegemittel

Die chemische und pharmazeutische Industrie zeichnet sich durch eine vergleichsweise hohe Energieintensität aus. Während mit 447 000 Mitarbeitern etwa 7,3 % der Mitarbeitenden des verarbeitenden Gewerbes in der chemischen und pharmazeutischen Industrie tätig sind, entfällt mit 677 PJ im Jahr 2017 24,7 % des Energieverbrauchs des verarbeitenden Gewerbes auf die chemische Industrie. Die chemische und pharmazeutische Industrie bezieht die benötigten Energieträger zu vergleichsweise günstigen Konditionen, weshalb die Energiekosten einen Anteil von 18,3 % der gesamten Energiekosten des verarbeitenden Gewerbes ausmachen. Trotzdem ist der Anteil der Energiekosten am Umsatz der chemischen und pharmazeutischen Industrie mit 3,4 % deutlich höher als der Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes (2,0 %). Aus diesem Grund spielen Werkzeuge zur Verbesserung der Energieeffizienz schon lange eine große Bedeutung in der Forschung und Anwendung in der chemischen Verfahrenstechnik. Methoden, die insbesondere in Großunternehmen schon mit Erfolg eingesetzt werden, sind:

  • Pinch-Analyse
  • Modell-Prädiktive Regelungstechnik
  • Prozessdaten-Management
  • Statische und dynamische Prozessmodelle
  • Supply-Chain-Modellierung und Optimierung
  • Managementmethoden wie LEAN, Six-Sigma, TPM

Die Produkte und Produktionsweisen in der chemischen und pharmazeutischen Industrie können stark vereinfacht in zwei Kategorien eingeteilt werden:

  1. Großprodukte („Commodities“) wie Grundchemikalien, Massenkunststoffe, Düngemittel, Zwischenprodukte oder Lösungsmittel werden in kontinuierlichen Prozessen erzeugt. Diese zeichnen sich durch eine hohe Kapital- und niedrige Personalintensität aus. Auf diesem Gebiet sind Großunternehmen tätig. Die Prozesse und Anlagen sind in der Regel nicht flexibel bezüglich Produktwechseln. Das Verhalten von Verfahren und Anlagen kann in der Regel sehr gut mit Modellen vorhergesagt werden, weshalb die oben genannten Methoden zur Verbesserung der Energieeffizienz sehr gut anwendbar sind.
  2. Spezialitäten („Specialties“), wie Spezialkunststoffe, Spezialfarben und -pigmente, Druckfarben, Wasch- und Körperpflegemittel sowie Wirk- und Effektstoffe. Diese werden sowohl von mittelständischen Unternehmen wie Großunternehmen in der Regel in chargenweise betriebenen Prozessen und Anlagen hergestellt. Die Anlagen und Prozesse sind in der Regel flexibel hinsichtlich eines Wechsels von Produkten, die in der Anlage hergestellt werden. Die Parameter der Anlagen ändern sich zeitlich im Verlauf des Chargenprozesses stark, weshalb die Prozesse meistens nur mit deutlich größerem Aufwand durch Modelle beschrieben werden können. Mittelständische Unternehmen haben häufig keinen Zugang zu diesen komplexen Modellierungsansätzen.
    In den letzten Jahren wurde intensiv an Konzepten gearbeitet, um Prozesse und Anlagen, mit denen chemische Spezialitäten hergestellt werden, so zu gestalten, dass sie ähnlich effizient wie Großprodukte in kontinuierlichen Anlagen produziert werden können. Dabei kommen Konzepte der Modularisierung zum Einsatz, wie sie bspw. im Projekt Enpro entwickelt werden 3DECHEMA Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V. 2014.. Weitere Beispiele für moderne Forschungsansätze sind die durchgängige Digitalisierung der Produktion und die additive Fertigung von Anlagenkomponenten. Durch die Energiewende und der damit verbundenen stark fluktuierenden Bereitstellung von elektrischer Energie werden neue Chancen und Herausforderungen für wichtige Stromverbraucher, wie die chemische und pharmazeutische Industrie, entstehen. In der Fachwelt werden Ansätze wie das „Demand-Side-Management“, „Sektorkopplung“ oder die „Elektrifizierung chemischer Prozesse“ mit Hilfe der Elektrochemie diskutiert.

Nicht in der im Rahmen des Begleitforschungsprojekts betrachtet werden indirekten Emissionen, die auf Grund der Nutzung und anschließender Entsorgung der Produkte der chemischen Industrie entstehen. Die damit verbundene Frage der zukünftigen Kreislaufwirtschaft von Chemieprodukten ist, obwohl von großer Bedeutung für die CO2-Bilanz der chemischen Industrie 4Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) 2018., nicht Aufgabe dieses Projekts.